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Was wir vom Placebo-Effekt lernen können

Glaube versetzt Berge: Dank des Placeboeffekts können bei medizinischen Behandlungen auch Medikamente ohne Wirkstoff nachweislich positive Effekte haben. Auch die Positive Psychologie setzt auf die Kraft der inneren Überzeugung. Lässt sich dieser Ansatz auch beruflich nutzen? Sicher! Drei Beispiele.

Hochstapeln

Du hast das Gefühl, du genügst deinen Aufgaben nicht und bist auf der Arbeit eigentlich ein:e Hochstapler:in, den oder die bald alle durchschauen werden? Dann leidest du am sogenannten Hochstapler-Syndrom. Du leistest mehr, wenn du es durch ein nützlicheres Fehlurteil ersetzt: Selbstübersch.tzung. Das als Dunning-Kruger-Effekt bekannte Phänomen, die eigenen Fähigkeiten zu übersch.tzen, bringt dich weiter als das ständige Anzweifeln der eigenen Kompetenz. Besonders effektiv funktioniert das laut der Sozialpsychologen David Dunning und Justin Kruger durch scheinbares Wissen oder Halbwissen. Warum also nicht mal gänzlich unvorbereitet ins Meeting gehen? Aber im Ernst: Du kannst das Hochstapler-Syndrom gezielt überwinden, indem du dich mit Kolleg:innen und Vorgesetzten austauschst, deren Leistungen du bewunderst oder anerkennst. So gewinnst du die richtige Perspektive auf dich selbst zurück. Ein Erfolgstagebuch kann helfen, die eigenen Leistungen wertzuschätzen. Hier kannst du auch Komplimente und Lob deiner Mitmenschen notieren. Der Noceboeffekt besagt übrigens, dass Menschen, die mit Problemen rechnen, diese nachweislich eher erleben als Menschen, die mit positiver Erwartungshaltung starten. Im Alltag kann es daher helfen, sich bewusst auf positive Möglichkeiten zu konzentrieren, falls die Gedanken um das „Was wäre, wenn“ kreisen. Auch lässt sich Negatives verbal abmildern, indem du gezielt neutrale anstelle von negativen Begriffen verwendest. Und die klassische Konditionierung, also die gelernte Erfahrung des Placeboeffekts, kannst du dir mit einem einfachen Mantra täglich zunutze machen: Ich habe es letzte Woche geschafft, also schaffe ich es auch heute.

Milder Montag

An so manchem Sonntagabend beschwert der sorgenvolle Blick auf die bevorstehende Woche das Gemüt. Und der folgende Montag ist in der Nine-to-five-Kultur berüchtigt als unbeliebtester Arbeitstag. Der Placeboeffekt lehrt uns: Wir müssen unsere Erwartungshaltung ändern, damit die Woche besser beginnen kann. Hier helfen positive Interventionen als bewährtes Mittel der Positiven Psychologie: „Positive Interventionen sind Praktiken oder bewusste Handlungen, die positive Emotionen, Kognitionen und Verhaltensweisen fördern und so das Wohlbefinden erhöhen können.“ Das besagt die Definition der Psychologie- Professorinnen Nancy Sin und Sonja Lyubomirsky. Ist der Arbeitgeber flexibel, dann lässt sich vielleicht der Montag als freier Tag etablieren, damit du ihn ab sofort mit Optimismus und Freizeit verbinden kannst. Falls diese Option nicht realistisch ist, versuche es mit der Lightvariante und setze auf einen sanfteren Einstieg in die Woche durch ausgewählte Highlights. Was würdest du mit dem Montag gern anstellen? Notiere deine Ideen und wähle eine Aktivität pro Montag aus, die du priorisierst und bewusst genießt. Ist es das Croissant im Café am anderen Ende der Stadt? Mache einen Abstecher dorthin auf dem Weg zur Arbeit oder in der Mittagspause. Und anspruchsvolle Termine oder intensive Aufgaben planst du besser für Freitage ein – die Aussicht aufs Wochenende sorgt eher für eine positive Grundstimmung und macht dich weniger empfänglich für Stress. Auch an den anderen Wochentagen helfen kleine Rituale und angenehme Routinen wie kurze Spaziergänge oder bewusste Kaffeepausen fernab vom Bildschirm, um bei Laune zu bleiben.

Komfortzone

Die Pandemie hat uns die zahlreichen Vor- und Nachteile des heimischen Schreibtischs vor Augen geführt. Allein der Weg ins Büro, Jeans statt Leggings und der Coffee to go können suggerieren, dass ein produktiver und organisierter Tag vor uns liegt. Auch der soziale Aspekt des Bürobesuchs ist wichtig für unser Wohlbefinden. Der Psychologe Martin Seligman beschreibt mit dem PERMA-Modell die Bausteine, die die Basis für ein sinnerfülltes Leben bilden. Dabei steht das P für positive emotions, E für engagement, R für relationships, M für meaning und A für accomplishment. Ein Tag im Büro kann sich demnach positiv auf die Beziehungskomponente R auswirken. Im ruhigen Homeoffice sind wir dagegen unter Umständen produktiver bei Aufgaben, die viel Konzentration erfordern. Es geht also immer darum, wo und wie du dich unter den gegebenen Umständen wohlfühlst, um dich deiner Aufgabe zu widmen. Auch beim medizinischen Placeboeffekt spielt der Wohlfühlfaktor eine entscheidende Rolle: Fühlen Patient:innen sich aufgehoben, neigen sie eher zur positiven Erwartungshaltung – und bereiten so den Weg für ihre erfolgreiche Placeboantwort. Das kannst du für deine innere Einstellung nutzen: Was brauchst du, um dich wohlzufühlen? Einen leeren Schreibtisch und eine Tastatur, die so sauber ist, dass es beim Tippen quietscht? Oder profitierst du eher von Grünpflanzen auf dem Schreibtisch und einer lustigen Flohmarkttasse? Es lohnt sich, das Arbeitsumfeld an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und sich Tag für Tag bewusst für oder gegen die Fahrt ins Büro zu entscheiden.